3.1. Geographische Positionierung (Abb. 1)

Die Hani und Akha, etwa 2,5 Mio Menschen, siedeln im sogenannten 'Mekong Quadrangel', das die Region der Yunnan Provinz in Südchina und den nördlichen Gebieten von Laos, Thailand und des Shan Staates in Myanmar umfaßt. Dieses bezeichnete Gebiet ist ungefähr 500 km x 600km groß (Geusau 1997:4f). (Fußnote: Hani ist die Bezeichnung für die Gruppe, die im Yunnan lebt, sich nicht Akha nennt, aber nach eigener Definition - ihre Genealogie hat den Ursprung im gleichen Gründer, Sumio - sich als eine Volksgruppe sieht. In der Folge werde ich sie nicht mehr extra nennen.)

Im Mekong Quadrangel leben insgesamt etwa 15-20 Mio. Einwohner unterschiedlicher ethnischer Zugehörigkeit. Die Dörfer der Akha befinden sich hauptsächlich in den dschungelbedeckten Bergen, Ausläufern des Himalayagebirges, die Höhen bis zu 3000m erreichen und von Flußtälern zerfurcht sind .

Ebenso wie die meisten anderen Bergvölker Südostasiens und des südlichen China leben die Akha nicht in residentieller Einheit, ihre Dörfer liegen zwischen Dörfern anderer Volksgruppen. Die Dörfer können zwischen einer Stunde und einem Tag Fußmarsch voneinander entfernt liegen.

Oft werden sie in der Literatur als halbnomadisches Volk bezeichnet, was impliziert, daß Ortswechsel natürlicher Bestandteil ihrer Lebensweise sei. Die Akha verlassen ihr Dorf aber nur, wenn äußere Umstände ihr Überleben gefährden.

In der Vergangenheit mußten die Akha etwa immer wieder vor dominanteren Volksgruppen höher und höher in die Berge weichen, in der Hoffnung, daß ihnen dort niemand mehr das landwirtschaftlich unattraktive, steile und karge Land, das stunden- oder tagelange Fußmärsche von den Märkten entfernt lag, streitbar mache. Ein anderer Grund dafür, ein neues Dorf zu Gründen, kann das versiegen der Wasserquelle sein. Manchmal beschließt ein Dorf, sich zu teilen, wenn es bereits zu viele Familien umfaßt, um allen Felder in Tagesgehweite bieten zu können.

3.2. Geschichte

In der Mythologie der Akha wird Yunnan als Urheimat angenommen. Volksgruppen der tibetoburmesischen Lolo-Sprachgruppe, denen die Akha angehören, findet man heute von Nordtibet bis Nordthailand.

Vom 8.-13. Jahrhundert dominierte das tibeto-burmesische Nanchao Königreich im Yunnan. Seit ca 200 n. Chr. ist bekannt, daß Vorfahren der Akha im Süden dieses Reiches (Süd-Yunnan, Grenzen zu Vietnam, Myanmar und Laos) lebten, wo tibeto-burmesische Völker sich mit Mon-Khmer Völkern mischten.

Kurz vor der mongolischen Invasion im 12. Jh rückten die Tai, damals ein Minderheitenvolk, in das Gebiet und dominierten es durch proto-Staatenbildung. Sie beendeten schließlich das Nachao Königreich. Han Chinesen hatten sich als Administratoren installiert. Zu dieser Zeit begann neben der politischen auch die geographische Zurückdrängung der Hani und Akha in höhere Berglagen. (Wiens 1967:200f, Geusau 1997:11)

In späteren Jahrhunderten förderte ein unterdrückerisches Vassallenstaatentum die Marginalisierung der Lolo und Mon-Khmer Stammesvölker in den für Steuereintreibern, Soldaten und Banditen schwer zugänglichen Bergen. Hani und Akha, denen so der Kontakt untereinander weiter erschwert wurde, entwickelten langsam Subgruppen, die sich in Dialekt und Tracht unterscheiden.

Außerdem begann zu dieser Zeit die Ausbildung eines sozial-kulturellen, Kontinuität und Linearität betonenden Systems, das heute den Kern der Akha Kultur ausmacht. Es hilft die geographische Distanz zu überwinden, indem es alle Akha unter ihrem mythischen Gründer Sumi vereint und wie ein unsichtbares Netz zusammenhält. Geusau nennt die zwei Teile dieses Systems 'ethnic alliance system' (Genealogiesystem) und 'survival system' (Akha zang) (Geusau 1997:13)

Erst Anfang dieses Jahrhunderts zogen die ersten Akha Familien nach Thailand, diesesmal auf der Flucht vor politischen Unruhen in Burma.

3.3. Alltag

Lebensgrundlage der Akha ist der Reisanbau. Die Berghänge sind nicht so fruchtbar wie die Talebenen, wo man Naßreis pflanzen kann.
Nachdem der Grund von Bäumen und Gebüsch freigemacht wurde (Brandrodungsbau), pflanzen sie Reis, Mais, Baumwolle, Gemüse und solche Obstsorten, die eben auf etwa 1000 Meter Höhe noch gedeihen. Der Dschungel bietet Kräuter und Jagdbeute. Als Zusatzverdienst kultivieren die Akha Chilli, Sesam und Opium, für dessen Gegenwert sie am Markt im Tiefland Dinge wie Salz, Silber und Messer kaufen.

Jedes Dorf ist eine soziale Einheit. Seine traditionelle Struktur umfaßt eine Reihe 'Spezialisten':
Dorfanführer (Dzoema), Schamane oder Rezitierer (Pima), Schmied (Baji) und Silberschmied, und ein Heilschamane (Nipa).

Der Dzoema - übersetzt Dorfgründer oder Dorfanführer- ist für eine Reihe von Bereichen zuständig, die - nach modernen Begriffen benannt - ungefähr politische, juristische und wirtschaftliche Belange umfassen. Er iniitiert die jährlichen Ahnenriten, und ist Berater bei profanen Problemen der Haushalte. Gewöhnlich wird das Amt in der Familie des Dorfgründers weitergereicht, indem bei Ausscheiden des Dzoemas einer seiner Nachkommen vom Dorf zum Nachfolger ernannt wird.

Während er der traditionelle Anführer des Dorfes ist, stellt der das Dorfoberhaupt den offiziellen Vertreter des Dorfes nach außen hin, zB gegenüber Thai Behörden, dar, der vom Dorf gewählt wird.

Der Schmied ist für die Erzeugung und Reparatur von etlichen Feldgeräten zuständig - Messer herstellen und schleifen, etc - , als auch für andere technische Konstruktionen, wie Hausbau oder Schaukelbau. Er genießt besonderes Ansehen, da er auch für die Herstellung des sakralen Speers des Rezitierers zuständig ist.

Der Rezitierer muß jahrelang, wenn nicht jahrzehntelang, bei seinem Lehrer assistieren und die Texte von Akha-zang memorisieren. Er ist einer der wichtigsten Persönlichkeiten eines Dorfes, interiorisiert er doch die Erfahrung des ganzen Volkes durch Akha-zang. Verallgemeinert könnte man den Unterschied zwischen ihm und den Heilschamanen so formulieren, daß sich seine Rezitationen an die Ahnen richten, die des Heilers an die Neqs und Geister.

Die Frau-im -weißen-Rock ist besonders für Zeremonien, die mit Reis und Fruchtbarkeiit zu tun haben - quasi als weibliches notwendiges Gegenpart zur Gewährleistung der Kontinuität durch Nachkommen - wichtig. (siehe Kapitel Kleidung und Lebensabschnitte). Die kulturelle Blüte eines Dorfes wird von den Akha unter anderem an der Anzahl iniitierter Frauen-mit-weißem-Rock gemessen.

Der Silberschmied ist hoch angesehen, weil er aus den Silbermünzen den Silberschmuck herstellt, der teilweise Talismanfunktionen insich birgt, und weil er den silbernen sakralen Dolch für den Rezitierers macht, der ja durch seine magische Kraft wirkt.

Gegenwärtige Situation

Malaria wurde in der jüngeren Heimat der Akha (Laos, Vietnam...) zu einem großen Problem. Da es sie in der alten Heimat der Akha nicht gab, kennt die traditionelle Medizin kein Mittel und so fordert sie täglich ihre Opfer.

Eine Reihe von Problemen werden durch Entwicklungen 'von außen' an die Akha herangetragen.

Die Geburt moderner Staaten und modernisierender Wirtschaften haben eine Situation geschaffen, die die Ungleichheit zwischen Bergvölkern und Talbevölkerung, die auf ständiger Suche nach neuen Resourcen und politischer Machtausdehnung ist, erhöht.

Gleichzeitig sinkt die Chance der Akha auf Integration -ohne Assimilation - in die nationalen Kulturen, Wirtschaften und politischen Systeme. Selbst in Thailand erlangen nur ein Bruchteil der Akha Staatsbürgerschaft, und so bleiben sie rechtlos und ohne Landanspruch.

Viele suchen Zuflucht im regelmäßigen Konsum von Opium. Opiumanbau wurde erst von den Kolonialmächten in Südostasien eingeführt, die mit dem Monopolvertrieb riesige Gewinne erzielten. Daher ist Opium nicht - wie ein weitverbreiter Irrtum annimmt - natürlicher Bestandteil der Akha-Kultur.

Dieser problematische Kontext kennt viele Paralellen in anderen modernisierenden Staaten auf der ganzen Welt. (3.3.)

>> Index von Akha & Symbolik >>
>> Index von akha.net >>